4-Tage-Woche und Gehalt: Welche verschiedenen Entlohnungsmodelle gibt es?
In der heutigen schnelllebigen Arbeitswelt suchen immer mehr Unternehmen und Mitarbeitende nach Möglichkeiten, die eigene Work-Life-Balance zu verbessern, ohne dabei die Arbeitsleistung und Produktivität (zu stark) zu beeinträchtigen. Im Zuge dieser Entwicklung gewinnt unter anderem das Konzept der 4-Tage-Woche zunehmend an Bedeutung. Doch so schön der Gedanke an ein ausgeglicheneres Verhältnis zwischen Arbeit und Leben auch ist – oft können es sich weder Unternehmen noch Mitarbeitende leisten, dafür größere finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen.
Wie gehen Firmen vor diesem Hintergrund mit dem Thema Gehalt bei einer 4-Tage-Woche um? Welche Vor- und Nachteile bringt eine Reduktion der Arbeitsstunden bei vollem Lohnausgleich im Vergleich zur proportionalen Lohnreduktion? Mehr dazu erwartet dich im folgenden Artikel.
4-Tage-Woche-Modell 1:
Reduktion der Arbeitsstunden bei vollem Lohnausgleich
Ein besonders attraktives Modell für Arbeitnehmende ist die Reduktion der zu leistenden Stunden bei vollem Lohnausgleich. Dabei wird die Wochenarbeitszeit reduziert und auf vier Tage verteilt – bei gleichem Gehalt. Wer bis dato beispielsweise 40 Stunden an fünf Tagen gearbeitet hat, arbeitet fortan vielleicht nur noch 36 Stunden auf vier Tage verteilt und damit neun (36 : 4) statt acht Stunden täglich.
In diesem Beispiel entspricht das einer Arbeitszeitreduktion um zehn Prozent bei gleichbleibendem Lohn. Somit kommt es durch die 4-Tage-Woche effektiv zu einer Gehaltssteigerung von rund elf Prozent. Bei einem Bruttogehalt von beispielsweise 3.600 Euro bei 40 Stunden errechnet sich dies wie folgt:
3.600 Euro : 40 Wochenstunden = 90 Euro Stundenlohn
3.600 Euro : 36 Wochenstunden = 100 Euro Stundenlohn
90 zu 100 entspricht einer Erhöhung um rund 11,11 Prozent – um diesen Prozentsatz steigert sich Gesamtgehalt also.
Welches sind die Vorteile der 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich?
Zunächst einmal profitieren Unternehmen unabhängig vom Gehaltsmodell grundsätzlich von den generellen Vorteilen der 4-Tage-Woche. Kurz zusammengefasst sind das vor allem folgende: In den meisten Fällen, wie verschiedene Studien zeigen, kommt es zu einer höheren Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden, da die zusätzliche arbeitsfreie Zeit das Wohlbefinden steigert. Wer mehr Raum bekommt, um seinen Alltag zu bewältigen oder sich angenehmen Tätigkeiten wie Hobbys oder Sport zuzuwenden, hat zudem in der Regel ein niedrigeres Stresslevel, was häufig zu weniger Fehlzeiten aufgrund von Krankmeldungen führt. Auch die Effizienz wird meist gesteigert, da Mitarbeitende fokussierter und motivierter arbeiten.
Ein weiterer großer Vorteil der 4-Tage-Woche: Unternehmen, die dieses Modell anbieten, können sich als fortschrittliche und attraktive Arbeitgeber am Arbeitnehmermarkt positionieren, was in Zeiten des Fachkräftemangels einen Vorteil bei der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden bringt. Letzteres gilt sicherlich insbesondere dann, wenn das Gehalt im Zuge der Einführung der 4-Tage-Woche nicht reduziert wird, Mitarbeitende also keine Veränderung im Portemonnaie spüren. Angestellte fühlen sich durch die bessere Work-Life-Balance bei gleichbleibendem Lohn wertgeschätzt und bleiben ihrem Arbeitgeber eher treu – ein großer Vorteil in Zeiten des Fachkräftemangels.
Welches sind die Nachteile der 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich?
Natürlich gibt es auch mögliche Nachteile der 4-Tage-Woche bei gleichem Gehalt: Da für dieselben Löhne weniger Stunden gearbeitet werden, entstehen dem Unternehmen deutlich höhere Kosten. Bei zum Beispiel 32 statt 40 Stunden pro Woche entspricht das einer Gehaltssteigerung von satten 25 Prozent. Ganz gleich, wie viel weniger Stunden gearbeitet werden – finanziell müssen sich Unternehmen diesen Ausgleich erst einmal leisten können.
4-Tage-Woche-Modell 2:
Reduzierung von Arbeitsstunden und Gehalt
Bei diesem Umsetzungsmodell wird der Lohn proportional zur Kürzung der Arbeitsstunden reduziert. Im Prinzip handelt es sich daher quasi um ein Teilzeitmodell mit 4-Tage-Woche. Wer beispielsweise vorher 40 und jetzt 32 Stunden arbeitet, erhält demnach ein 20 Prozent niedrigeres Gehalt, weil 20 Prozent weniger Arbeitszeit anfällt. Der Arbeitgeber entlastet den Mitarbeitenden zeitlich gesehen, übernimmt dafür jedoch nicht den finanziellen Ausgleich.
Welches sind die Vorteile der 4-Tage-Woche ohne Lohnausgleich?
Vorteile hat das Modell 4-Tage-Woche ohne gleichbleibendes Gehalt nur für den Arbeitgeber. Für das Unternehmen ist die 4-Tage-Woche so finanziell tragbar, denn es fallen niedrigere Personalkosten als vorher an. Denkbar ist beispielsweise auch ein Mittelweg: Merkt der Arbeitgeber über einen gewissen Zeitraum hinweg, dass er durch die 4-Tage-Woche keine Umsatzeinbußen hat, könnte er die Gehälter wieder auf das Niveau vor Einführung der 4-Tage-Woche anheben.
Welches sind die Nachteile der 4-Tage-Woche ohne Lohnausgleich?
Wer das Gehalt seiner Mitarbeitenden zugunsten von mehr Freizeit kürzt, sollte sich im Klaren darüber sein, dass sich die Lohnreduktion negativ auf die Mitarbeitendenmotivation auswirken kann. Wer sich an ein bestimmtes Gehaltsniveau gewöhnt hat oder dieses zur Kostendeckung benötigt, wird diesem Aspekt wahrscheinlich einen höheren Stellenwert beimessen (müssen) als die gewonnene Freizeit. Natürlich gibt es auch Mitarbeitende, denen die geringere Arbeitszeit mehr wert ist als das Gehalt oder die aufgrund ihrer Lebensumstände weniger arbeiten. Dies trifft tendenziell jedoch eher auf Teilzeitkräfte zu, die ohnehin weniger arbeiten und Gehaltseinbußen bewusst in Kauf nehmen. Wer jedoch Vollzeit arbeitet, hat dafür oftmals gute finanzielle Gründe, möglicherweise auch im Hinblick auf höhere Rentenbeiträge.
4-Tage-Woche-Modell 3:
Gleichbleibende Stundenzahl und Gehälter
Zu guter Letzt gibt es auch noch ein weiteres Modell der 4-Tage-Woche, bei dem weder die Stunden noch der Lohn reduziert werden. Es kommt lediglich zu einer Umverteilung der Arbeitszeit, die fortan auf vier statt fünf Tage verteilt wird. Wer regulär beispielsweise 40 Stunden an fünf Tagen gearbeitet hat, also acht Stunden pro Tag, ist nun an vier Tagen jeweils zehn Stunden tätig.
Welches sind die Vorteile der 4-Tage-Woche ohne Stundenreduzierung und Lohnausgleich?
Sicherlich gibt es Branchen, die zur Gewinnung ihrer Recruiting-Zielgruppen versuchen müssen, attraktivere Arbeitsbedingungen zu schaffen, aber nicht „mir nichts dir nichts“ die Stunden reduzieren und das Gehalt nach oben schrauben können. So ist es zum Beispiel in der öffentlichen Verwaltung der Fall. Aus diesem Bereich führte beispielsweise die Stadt Wedel in Schleswig-Holstein im Jahr 2023 als erste Kommune Deutschlands die 4-Tage-Woche nach dem oben genannten Modell ein. Dort, wo es „dienstlich möglich und gewollt ist“, kann die volle wöchentliche Arbeitszeit – egal, ob 20, 35 oder 41 Stunden – auf vier Tage verteilt werden. Für den einen oder anderen Mitarbeitenden sowie potenzielle Bewerber*innen kann das durchaus attraktiv sein.
Welches sind die Nachteile der 4-Tage-Woche ohne Stundenreduzierung und Lohnausgleich?
Der wahrscheinlich größte Nachteil dieses 4-Tage-Woche-Modells liegt auf der Hand: Die verbleibenden Arbeitstage ziehen sich deutlich in die Länge, genauer gesagt kommt täglich ein Fünftel der Arbeitszeit hinzu. Für viele Menschen kollidieren derart lange Arbeitstage mit ihrem Privatleben. Zudem ist es wissenschaftlich erwiesen, dass die Konzentration und Arbeitsleistung mit steigender Stundenzahl deutlich abnehmen. Auch Arbeitsunfälle passieren dann um einiges häufiger. Ein weiterer Aspekt: Die gesetzlichen Pausenzeiten müssen eingehalten werden. Bei mehr als neun Stunden Arbeitszeit ist beispielsweise schon eine Unterbrechung der Arbeit von mindestens 45 Minuten vorgeschrieben.
Fazit
Die Einführung der 4-Tage-Woche kann je nach Unternehmensstruktur und Mitarbeitendenbedürfnissen unterschiedlich gestaltet werden. Während die Reduktion der Arbeitsstunden bei vollem Lohnausgleich besonders mitarbeitendenfreundlich ist, bietet die Lohnreduktion bei reduzierten Arbeitsstunden eine kosteneffiziente Alternative für Unternehmen. Am wenigsten mitarbeitendenfreundlich ist sicherlich die Variante, bei der weder die Stundenzahl noch das Gehalt angepasst werden. Nichtsdestotrotz sollte es den Unternehmen auch dann zugutegehalten werden, dass sie neue Arbeitsmodelle testen und bieten.
Letztendlich hängt die Wahl des Modells von einer Vielzahl von Faktoren ab, einschließlich der finanziellen Möglichkeiten des Arbeitgebers, der Art der Arbeit und der Unternehmenskultur. Wer die 4-Tage-Woche einführen möchte, aber keinen Lohnausgleich und/oder kein reduziertes Stundenpensum bieten kann, sollte unbedingt in Erwägung ziehen, es den Mitarbeitenden zu überlassen, ob sie auf das neue Arbeitsmodell umsteigen. So hätte jede*r Angestellte die Möglichkeit, die Prioritäten individuell zu setzen.